Interview: BRIGITTE FRAUENKNECHT ZUR MITARBEITER- UND FÜHRUNGSKRÄFTE- ENTWICKLUNG DER ZUKUNFT

Brigitte Frauenknecht

Interviewfragen: Marc Nelsen

 

Vor ein paar Tagen hatte das ifaz die Chance, mit Personalleiterin Brigitte Frauenknecht von der Firma Pfleiderer Holzwerkstoffe zu sprechen. Frau Frauenknecht bekleidet seit über zehn Jahren Führungspositionen im Personalbereich des mittelständischen Unternehmens aus Neumarkt i.d. Oberpfalz.  Pfleiderer ist ein reiner Holzwerkstoffhersteller, der sich durch die Herstellung aus nachwachsenden Rohstoffen und Holz aus zertifizierter Waldbewirtschaftung besonders der Nachhaltigkeit verpflichtet fühlt. Zu Nachhaltigkeit gehört bei Pfleiderer auch die Arbeit der Zukunft, mit der sich Frau Frauenknecht seit einigen Jahren aktiv beschäftigt und bereits wichtige Aspekte in der Personalentwicklung umgesetzt hat.

Welche Stellung hat die „Arbeit der Zukunft“ in Ihrem Unternehmen?

Die Arbeit der Zukunft ist bei uns ein wichtiges Thema, das bei vielen Meetings im Fokus steht. Da es so unterschiedliche Facetten hat, ist es für manche Kollegen wenig greifbar. Als produzierendes Unternehmen ist für uns natürlich der Aspekt Industrie 4.0 ein zentrales Anliegen. Hier sind wir dabei, für uns zu definieren, was dies bei Pfleiderer in den einzelnen Themenfeldern genau bedeutet. Ferner beschäftigen wir uns mit „Führung 4.0“. Wir schauen uns an, wie früher bei uns geführt wurde, wie wir heute damit umgehen und welche Instrumente wir benutzen, und wir versuchen, das Morgen der Führung zu antizipieren. Die neuen jungen Arbeitnehmer bringen andere Voraussetzungen und Erwartungen an Einbindung und Teamarbeit mit, da müssen sich unsere Führungskräfte darauf einstellen. Wie das genau aussieht, lässt sich noch nicht sagen, aber es ist klar, dass hierfür auf jeden Fall eine Kulturveränderung stattfinden muss.

 

Ist die Arbeit der Zukunft bei Ihnen ein Thema, das eher von unten oder von oben initiiert wird?

Das ist bei uns auf jeden Fall ein strategisches Thema, welches seit zwei Jahren regelmäßig auf der Agenda steht. Bei Pfleiderer ist das Top-Management hierbei führend, für das mittlere Management ist noch unklar, was dies im Einzelnen bedeutet.  Unser CEO beschäftigt sich damit und denkt Einiges vor. Eine dezidierte Kraft, die sich mit der Arbeit der Zukunft beschäftigt, haben wir bisher nicht.

 

Welches sind die entscheidendsten Themen, die in den nächsten 3-5 Jahren zunehmend auf Unternehmen zukommen werden?

Fangen wir bei Pfleiderer an. Für uns steht konkret die Arbeitszeitgestaltung, vor allem im Schichtbetrieb, ganz oben. Wir sind ein Unternehmen, das rund um die Uhr produziert. Aber auch im Schichtbetrieb muss die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ermöglicht werden. Für Unternehmensdarstellung und Recruiting versuchen wir Social Media Marketing Akzente zu setzen.  Für uns, aber auch für Unternehmen allgemein, sehe ich die Befähigung der Mitarbeiter vom Fachlichen bis ins Persönliche als das zentrale Thema der nächsten Jahre an. Alle Mitarbeiter müssen Veränderungskompetenz erwerben. Entspannt mit Widerständen umgehen zu können, also resilient zu sein, sehen wir als einen Schlüsselfaktor für erfolgreiches Arbeiten. Dazu kommt, dass Mitarbeiter in einem vertrauensvollen Umfeld Eigenverantwortlichkeit lernen und demonstrieren sollen. Neues Management, das Sie in Ihrer Studie zur Arbeit der Zukunft erwähnen, ist auch ein bedeutendes Thema, das Alle angeht.  Immer mehr Unternehmen sind in Matrixstrukturen aufgestellt, Mitarbeiter und Führungskräfte sind oft räumlich getrennt, da wird es notwendig, virtuell führen zu können.

 

 

Was tun Sie spezifisch dafür, auf diese Themen eingehen zu können?

Wir investieren kräftig in die Führungskräfteausbildung. Das gilt nicht nur für die Verwaltung und das Top-Management, sondern auch in der Produktion bis zu den stellvertretenden Schichtführern, alle Bereiche sollen eingebunden werden. Zum Beispiel verteilen wir demographische Informationen zu unserer Mitarbeiterschaft an Alle.  Die jährlichen Mitarbeitergespräche sollen Zukunftsthemen wie Veränderungskompetenz oder unternehmerisches Denken vor dem Hintergrund der Arbeit der Zukunft beinhalten.  Große Wirkung bei uns im Haus hat das Mitarbeiter-Potenzialentwicklungs-/Förderungsprogramm „PEPP“, welches eine Plattform für Mitarbeiter bietet, die sich positionieren und weiterentwickeln wollen. Ein maßgeblicher Unterschied zu herkömmlichen Programmen ist die gewollte Eigenverantwortlichkeit der Mitarbeiter. Sie bewerben sich selber, nicht über ihren Chef, für das Programm und müssen sich selber überlegen, wie sie sich darstellen, welche Motivation sie für die Teilnahme mitbringen und was zukünftige Inhalte ihrer Arbeit und Entwicklung sein könnten. Auch Ausschreibungen mit einer einfachen Überschrift „Lust auf mehr?“ regen Mitarbeiter dazu an, über sich und ihre Rolle im Unternehmen nachzudenken und bieten die Chance, sich zu zeigen.

 

Welche Fähigkeiten sieht Ihr Unternehmen als besonders relevant an?

Da steht im Vordergrund zu allererst die schon genannte Veränderungskompetenz. Ferner gehört Flexibilität als Reaktionsfähigkeit auf die sich immer schneller beschleunigenden Umweltentwicklungen dazu. Außerdem müssen Mitarbeiter Offenheit an den Tag legen, d.h. sich Sachen zuerst anzuhören und Dinge dann selbst auszuprobieren und sich nicht einfach nur auf ihre Erfahrung zu verlassen. Auch brauchen Mitarbeiter meiner Meinung nach eine gesunde Unbeschwertheit, die mit einem hohen Verantwortungsbewusstsein einhergeht. Verantwortung und Kompetenzen müssen dabei bei allen Aufgaben auf einer Ebene sein. Natürlich ist dazu eine Vertrauenskultur notwendig, in der Mitarbeiter auch mal Fehler machen dürfen.

 

Welches sind die wesentlichen Felder, auf die sich Ihre Organisation in der innerbetrieblichen Ausbildung fokussieren sollte?

Wir haben festgestellt, dass Mitarbeiter dann am besten arbeiten, wenn sie selber für Neues Verantwortung übernehmen und dabei auch Erfolge erleben dürfen. Unser Programm „Azubi forscht“ erfreut sich großer Beliebtheit und ist auch von Erfolg gekrönt. Gerade hat unser Mitarbeiter Johannes Meier  für die Arbeitswelt in Bayern den Jugend Forscht Landes-Wettbewerb gewonnen.  Wir gehen auch weg von den sogenannten Notenprämien. Für uns gehören mehr als nur Noten zu einem erfolgreichen Mitarbeiter. Wir haben mit „MyBooking“ ein Aktionskonto mit Punkten geschaffen, auf dem die Auszubildenden Leistungen eintragen können, die sie sowohl innerbetrieblich (z.B. Verbesserungsvorschlag) als auch außerbetrieblich (z.B. ehrenamtliches Engagement) erbracht haben. Wir wollen Dinge belohnen, die einen Menschen in seiner Entwicklung weiterbringen und zwar gesamtheitlich.  Pfleiderer bietet auch durch ein 18-monatiges Traineeprogramm Einstiegsbegleitung für Studienabsolventen an, zu dem neben einem integrierten Einsatz im Fachbereich auch soziale und fachbereichsübergreifende Projekte gehören. Zudem werden unsere Trainees von Mentoren aus der Management-Ebene eng begleitet und in sämtlichen Instrumenten (wie z.B. Projektmanagement) trainiert.

 

Was ist Ihr persönlicher Rat an die heutigen Schüler und Studenten der Jahrgänge 1995 - 2000 bzw.

die Wissensarbeiter des Jahres 2020?

Für eine langfristige Entscheidung wie der Berufswahl, ist es unabdingbar, den Beruf richtig zu erfassen und von vielen Perspektiven beleuchtet zu haben. Wichtig ist es deshalb, sich selber bestmöglich kennenzulernen, bevor man sich wirklich fokussiert.  Es geht darum, möglichst viele Eindrücke zu sammeln und sich in unterschiedlichste Situationen zu begeben. Dabei sollte die Komfortzone auf jeden Fall verlassen werden. Nur wer sich mit Neuem fordert, kann erfahren, was perspektivisch für einen selber interessant ist und was nicht. Probiert was aus, traut Euch! 

 

Vielen Dank!