Steffen Bünau
Simone Lackerbauer
Wir eröffnen den September mit einem spannenden Thema: Vor ein paar Tagen berichteten wir bereits kurz über das Projekt und Startup Die Masterarbeit (auch: Die Bachelorarbeit). Mitgründer Steffen Bünau, der sich unter s.buenau@die-masterarbeit.de über Kritik und Feedback freut, erklärt in einem Gast-Post, warum Unternehmen Absolventen heute mit Themen und Inhalten locken sollten, statt auf Gehalt und Statussymbole zu setzen. In unserem Workdesign-Modell ist dieser Ansatz bei den Arbeitsinhalten verortet – und wir sind gespannt darauf, wie sich die Unternehmen darauf einstellen werden.
Generation Y: Wir wollen spannende Aufgaben statt hochtrabender Job-Titel
oder
Was macht der “Head of Social Media” wirklich?
Wenn wir – die Generation Y – jetzt nach fünf Jahren Studium den ersten Job suchen, dann ist es im Idealfall so, dass ein vorheriges Praktikum als Türenöffner für eine interessante Einstiegsposition dient. Schließlich werden wir ja auch Generation Praktikum genannt. Haben also reichlich unbezahlte Berufserfahrung gesammelt. Wenn wir aber nach all unseren Praktika immer noch nicht wissen was wir wollen, bleibt uns nur eine einzige Option: Die Jobsuche.
Wie sucht die Generation Y heute Jobs?
Die klassische Zeitungsannonce hat natürlich längst ausgedient. Der Startpunkt der Jobsuche bildet seit Jahren das Internet. Auf den großen Jobbörsen wie StepStone, Monster, Absolventa oder
Portalen wie Xing und LinkedIn, haben wir Zugang zu einem großen Pool an aktuellen Stellenanzeigen von Unternehmen aus ganz Deutschland, sogar aus der ganzen Welt. Der perfekte Job ist also –
zumindest theoretisch – nur einen Klick entfernt. Gleichzeitig gibt es immer mehr Meta-Suchbörsen, welche die Angebote verschiedener Jobbörsen aggregieren und somit ein noch größeres Angebot
anbieten könnten. Unzählige Angebote – unzählige Möglichkeiten? Um das große Angebot einzugrenzen, bedienen wir uns bekannter Filtermechanismen. Ein Job in
Berlin wäre super und mit einem ingenieurwissenschaftlichen Studium würden wir gerne in diesem Bereich bleiben. Meist bleibt das Angebot riesig, füllt gleich mehrere Seiten. Die Frage bleibt also
bestehen: Wie filtern wir weiter?
Hilft der Job-Titel bei der Suche? Was macht ein „Visiting Associate” wirklich?
Das prominenteste Element der Stellenanzeige ist auch in Online-Stellenbörsen der Job-Titel: Analyst, Business-Partner oder Junior-Projektmanager – die
Kreativität der Firmen ist bewundernswert. Die Boston Consulting Group, eine große Management-Beratung, nennt selbst ihre Praktikanten „Visiting Associates“. Und in den jungen
Start-ups Berlins sind hochtrabende Titel wie „Head of Marketing“ und „Head of Social Media“ keine Management-Positionen mehr, sondern normale Einstiegspositionen für
Uni-Absolventen. Auf der Suche nach einem attraktiven Titel für den Lebenslauf und die Visitenkarte eignen sich solche Jobs ideal. Aber ist diese Logik für die Suche nach dem ersten Job
noch valide? Nein, denn im Zweifelsfall wollen wir einen Job finden, der uns wirklich interessiert und erfüllt.
Suchen wir nicht anhand von oberflächlichen Kriterien?
Doch da der Job-Titel nichtssagend ist (was macht der „Visiting Associate“ wirklich?), filtern wir stattdessen sofort nach anderen Merkmalen, wie zum Beispiel: Ist der Unternehmensname
bekannt und attraktiv? Wie hoch ist das Gehalt? Wo ist der Job? Die meisten Online-Suchbörsen fördern aktuell die Suche nach diesen oberflächlichen Kriterien. Vorwürfe kann man ihnen deshalb
nicht machen. Doch was passiert mit der spannenden Tätigkeiten im Rahmen eines Jobs bei einer Firma, dessen Name uns nichts sagt und vielleicht nicht in Berlin, sondern kurz vor den Toren der
Hauptstadt liegt? Richtig, der Job ist nicht mehr auf unserem Suchradar.
Die perfekte Stellenanzeige: Problembeschreibungen statt Business-Jargon
Das liegt auch daran, dass sich die Stellenanzeige in ihrer Form in den letzten Jahren kaum verändert hat. Und mittlerweile von der Realität der Arbeitswelt fast entkoppelt ist. Es sei schwierig,
eine Tätigkeitsbeschreibung für einen Vollzeitjob auf eine eingängige Beschreibung zu reduzieren, heißt es aus Personaler-Kreisen. Für Freelance-Tätigkeiten, das projekt-basierte
Arbeiten, gibt es dies jedoch bereits in fortgeschrittener Form. Wer einen Freiberufler sucht, sucht diesen nicht mit dem Job-Titel „freier Mitarbeiter”. Im Gegenteil: Er
definiert ein Problem und macht sich auf die Suche nach jemandem, der die Fähigkeiten besitzt, dieses Problem zu lösen. Gleichzeitig ist der Freelancer wiederum auf der Suche nach
spannenden Problemen – ohne sich von Versprechungen blenden zu lassen.
Für Vollzeit-Festanstellungen gibt es diesen problembasierten Ansatz nicht. Einige Jobportale bieten an, Jobsuchende basierend auf den jeweiligen Fähigkeiten mit Jobs zu
verbinden – neu-deutsch zu „matchen“ –, die genau dieses Fähigkeiten-Profil erfordern. Dies ist sicherlich ein guter Ansatz, aber das Ergebnis wird im altbewährten Format präsentiert: Hier sind
die Jobs, die zu Ihnen passen. Bitteschön. Die Technologie (meist selbstlernende, fast mystische Algorithmen) nimmt uns lediglich das Setzen der Filter ab. Alles Weitere läuft nach dem alten
Schema.
Wie können Problemstellungen statt Job-Titel in den Fokus gerückt werden?
Die Vollzeitjobs, die wahrscheinlich am ehesten auch mit einer konkreten Tätigkeit verbunden sind, sind Jobs in der Forschungs-und-Entwicklungs-Abteilung von Unternehmen (R&D, Research &
Development). Hier entstehen die Innovationen der Zukunft. Wie können autarke Energiespeichersysteme für den Einsatz in Entwicklungsländern modifiziert werden? Wie können Algorithmen für die
audiovisuelle Erkennung von dynamischen Objekten im automobilen Umfeld optimiert werden? Diese Themen sind konkret und aussagekräftig.
Und genau deshalb werden Themen für Abschlussarbeiten, die ein Studierender in Kooperation mit einem Unternehmen bearbeiten kann, schon bereits ähnlich ausgeschrieben.
Und deshalb habe ich mit zwei Kommilitonen von der Universität Potsdam die Portale www.die-masterarbeit.de und www.die-bachelorarbeit.de gegründet.
Studentische Abschlussarbeiten in Unternehmen sind Wegweiser zu spannenden Fragestellungen
Auf den Portalen sammeln wir Themen für Abschlussarbeiten, die von Unternehmen ausgeschrieben sind und machen sie Studierenden zugänglich. Die Abschlussarbeit ist natürlich noch
einen Schritt vom Berufsbeginn entfernt – aber ein guter Startpunkt. Studierende finden über spannende Themen und Problemstellungen Zugang zu Unternehmen. Und Unternehmen können mit ihren
innovativen Themen – abseits der standardisierten Stellenanzeige – interessante Studierende ansprechen. Selektoren wie Job-Titel, Unternehmensname und Ort treten im ersten Schritt in den
Hintergrund. Was zählt, ist zunächst nur der Inhalt der Tätigkeit. Abschlussarbeiten sind nur der Anfang. Wir glauben, dass in einigen Jahren auch auf dem regulären Stellenmarkt der
wirkliche Inhalt der Tätigkeiten stark in den Vordergrund rücken wird. Auch weil projektbasiertes Arbeiten immer mehr die Regelmäßigkeit sein wird. Die klassische Stellenanzeige – also die
Schnittstelle zwischen Unternehmen und Jobsuchenden – sollte sich auf diesen Wechsel einstellen.